Motorradfahrer sind die Gefahr für die Bevölkerung der Dominikanischen Republik

Motorradhelden

Als Europäer oder US-Bürger fallen sie einem sofort ins Auge: Die Motorradfahrer in der Dominikanischen Republik. Ohne Helm und Außenspiegel sind sie unterwegs. Oft fehlen viele weitere Teile am Zweirad, wie Schutzbleche, Verkleidungen und Beleuchtung. Dafür macht der Auspuff umso mehr Krach. Verwegen, übermütig, leichtsinnig, waghalsig, der Fahrstil ist alles andere als normal und umsichtig. Mit hohem Risiko schießen sie über die Straßen des Landes, in keinem Augenblick denken sie daran dass sie anderen Menschen einen Schaden zufügen könnten oder gar selbst zu Schaden kommen könnten.

motounfall

Natürlich hat man keinen Führerschein, viele glauben dass man den für ein Motorrad nicht braucht. Schließlich sitzt man ja schon seit der Kindheit im Sattel und hat das Gefährt unter Kontrolle. Kommt es zu einem Zusammenstoß, dann ist die Verwunderung groß. Auch wenn der Zweiradfahrer Schuld hat, sofort geht er zum Angriff über und sagt: Du hast mich doch gesehen! Soll so viel heißen wie: DU musst aufpassen! Du hast Schuld!

Ansonsten fährt man unbekümmert, hat man doch einen Vorteil: beschädigt man im Vorbeifahren ein Auto, so kann man sich im Stau und Gedränge schnell aus dem Staub machen. Fahrerflucht ist üblich. Es verwundert nicht dass in die meisten Unfälle Zweiräder verwickelt sind und die meisten Todesopfer Motorradfahrer sind. Dennoch, auch diese Resultate schrecken niemanden ab, im Gegenteil, es ist Ansporn. Noch schneller, noch gewagter noch gesetzeswidriger!

MotorradheldPlancha

Im Stau geht es im Zickzack, abgerissene Außenspiegel, Kratzer am Auto, alles das kümmert den Motorradfahrer nicht. Wer will ihn denn im Stau einholen? Und Kennzeichen? Die meisten Zweiräder in der Dominikanischen Republik haben kein Kennzeichen, da ist eine Identifizierung unmöglich.

Nun fragt man sich, wer sind denn diese Verkehrsrowdys? Sind es nur die Motoconchos, die Mensajeros, junge übermütige Teenager? Nein, es sind alle! Auch Polizisten und Militärs, sowie man im Sattel sitzt scheint man in einem rechtsfreien Raum zu sein. Ohne Helm und ohne Licht fahren auch Polizisten, ein rotes Ampelsignal stoppt auch sie nicht.

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Hier fahren Polizisten! Ohne Helm, ohne Kennzeichen, ohne   Spiegel, zu dritt auf einem Krad, eine Überführung hinunter (Überführungen sind für Motorräder verboten). 5 Delikte auf den ersten Blick. Versicherung? Führerschein? Fragen wir besser nicht nach!

 

 

 

Die Regierung ist sich der Problematik bewusst. Luis Estrella, Direktor im Verkehrsministerium und zuständig für den Kommunikationsbereich, teilt mit: Mindestens 50.000 der 1,5 Millionen Zweiradfahrer haben keinen Führerschein. Man ist geneigt zu sagen: 50.000 aller Zweiradfahrer haben vielleicht eine Fahrlizenz.

Für Motoconchos (Motorrad-Taxi), Mensajeros (Boten) oder die Auslieferungsfahrer (Delivery) ist Zeit Geld. Also ist eine rote Ampel kein Stoppsignal, eine Einbahnstraße immer in beiden Richtungen befahrbar und auch Bürgersteige gehören zu nutzbaren Verkehrswegen. Je schneller sie am Ziel sind, desto eher kommt der nächste Auftrag. Am Ende landen nicht wenige auf dem Friedhof, oder im Rollstuhl. Dann hat man Zeit, steht mit seiner Behinderung an den Ampelkreuzungen und bittet um ein Almosen.

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Motorräder sind ein populäres Verkehrsmittel. Man ist schnell damit unterwegs, kann auch auf schmalen Wegen und Pfaden ans Ziel kommen. Es wird für alle möglichen Transporte genutzt (Waschmaschinen, Leitern, Schränke, Gasflaschen…es passt alles auf ein Motorrad, bis hin zu einer sechsköpfigen Familie) und ist sparsam im Verbrauch. Obwohl eine Versicherung nur 300/400 RD$ im Jahr kostet, hier wird gespart. Dank günstiger Preise (zahlreiche Chinaimporte) und Finanzierungsangebote können sich immer mehr Menschen ein Motorrad leisten. Laut der Steuerbehörde DGII waren im Dezember 2014 1.803.328 Motorräder registriert. Hinzu kommen noch unzählige Zweiräder ohne Registrierung.

Die berüchtigtsten Motorradfahrer sind die vom Delivery-Service. Ob für Apotheken, Comedores, Cafeterias oder Pizzerias, sie sind besonders schnell unterwegs. Mit ihren Kisten und Körben die sie am Zweirad befestigt haben um ihre Waren auszuliefern streifen sie besonders häufig Fahrzeuge wenn sie sich zwischen Autoschlangen hindurchzwängen. Juan Cabrera ist einer von den Auslieferungsfahrern und nach seiner Aussage hat ihn noch nie ein Polizist der PN oder AMET nach dem Führerschein gefragt. Mehr fragt man nach dem Helm, der Matricula und vielleicht noch nach der Versicherung.

rdmoped6Auch die Mensajeros (Boten) stehen unter Zeitdruck und nutzen, wie die Kollegen vom Delivery Service, jede Abkürzung. Verkehrsregeln werden dabei großzügig übersehen. Die Boten fahren sowohl für Behörden wie auch für viele private Büros. Allerdings achten hier die Auftraggeber auch darauf, dass die Zweiräder in gutem Zustand sind und die Fahrer einen Helm tragen.

Eine Gruppe ist ebenfalls gern mit Motorrädern unterwegs, für sie zählt Wendigkeit und Schnelligkeit besonders: Räuber. Selbst durch den dichtesten Verkehr kommen sie schnell hindurch, können sich schnell dem Opfer nähern und wieder verschwinden. Diese Fahrer tragen freiwillig einen Helm. Weniger um die Sicherheit besorgt, aber aus Gründen der Tarnung. Außerdem nutzen sie gerne gestohlene Motorräder, tauschen Teile (und somit das Aussehen, Farben) oder verkaufen die Einzelteile. Motorradersatzteile sind begehrt und Motorraddiebstahl ein sehr populäres Verbrechen.

calibrieren

Motoconchos sind nur selten als Fahrer einer Organisation angeschlossen. Viele fahren als Piraten, man kann schnell Geld verdienen und es braucht nur ein Zweirad. Ausbildung, spezielle Lizenzen, das ist nicht gefordert. Einfach Geld verdienen, man braucht nur ein Moped. So verdienen viele Männer den Lebensunterhalt für ihre Familien. Kurze Distanzen kann man so für 25-50 RD$ zurücklegen, längere Wege kosten auch 100 RD$ oder mehr. Nachts erheben die Fahrer den doppelten Tarif. Achtung, wer mit zwei Personen den Moto-Taxi-Service nutzt, der zahlt auch doppelt. Wenn es die Conchos auch nicht gerne sehen, bestehen sie auf ein Motorrad pro Fahrgast. Es kostet am Ende das gleiche Geld, ist aber deutlich sicherer.

Seit 1996 (!) versucht das Technische Büro für irdischen Transport (OTTT) Grundlagen und Regelungen einzuführen (entsprechende Plaketten für die Motorräder, Westen mit Identifizierungsnummer der Fahrer…), doch bisher haben sich Vorschriften nicht durchgesetzt. Das gilt auch in vielen Teilen des Landes für die Helmpflicht. Wenn die AMET die Helmpflicht kontrolliert und massiv darauf drängt gibt es schnell Proteste und die Gewohnheit (costumbre) siegt über das Verkehrsrecht. Die Verkehrspolizei versagt einmal mehr, insbesondere bei den Kontrollen der Zweiradfahrer. Fast niemand hat Außenspiegel (Vorschrift), wohl rund 90% fahren ohne Kennzeichen, die technische Ausrüstung (Licht, Reifen, Auspuff) weist Mängel auf uvm., doch die AMET sucht den Weg des geringsten Widerstandes und so gibt es eigentlich nur ständige Kontrollen in der Hauptstadt Santo Domingo und in Santiago. In anderen großen Städten finden Kontrollen eher sporadisch statt.

Im System der Conchos sind landesweit rund 56.000 offiziell gemeldet, es gibt 5.274 registrierte Paradas (Halteplätze). Allein davon befinden sich 1.100 im Großraum Santo Domingo.

Am Ende gibt es noch eine Gruppe der gefährlichen Motorradfahrer. Die Männer, welche ihre Balanceakte zeigen und / oder Rennen fahren. Hier kommt es ebenfalls zu vielen Unfällen, nicht selten mit tödlichem Ausgang.

Seien sie also nicht verwundert wenn ein Motorradfahrer ihnen nachts auf der Autobahn entgegenkommt, ohne Licht fährt oder entgegen der Einbahnstraße. Der Bürgersteig wird zur schnellen Umgehungsstraße und auch sonst gilt: alles was machbar ist wird auch gemacht. In diesem Sinne: Halten sie immer Distanz, der Klügere gibt nach. Im Schadensfall haben sie meist das Nachsehen.

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