Internationaler Tag gegen Gewalt und Frauen und die Geschichte der Mariposas

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Der 25. November – der Internationale Tag gegen die Gewalt gegen Frauen und die Geschichte der Dominikanischen Republik stehen in einer engen Verbindung. Wieso und warum, das soll dieser Bericht von Martin Sebastian (Danke für die umfangreiche Datensammlung) zeigen:

1981 wurde der 25. November bei einem Treffen lateinamerikanischer und karibischer Feministinnen symbolisch zum Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen ausgerufen. Am 17. Dezember1999 wurde der 25. November von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärt (Dekret 50/134). Der 25. November wurde zum Andenken an die Schwestern Mirabal als Gedenktag genehmigt. Die politischen Aktivistinnen in der Dominikanischen Republik wurden Opfer des Diktator Regimes von General Rafael Leonidas Trujillo de Molina.

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Es war an einem Freitag, dem 25. November 1960, die Schreckensherrschaft von Diktaktor Rafael Trujillo de Molina, genannt auch „El Jefé”, dauerte nun schon 30 Jahre an. Die Geschwister Patria ( * 27. Februar 1924 ), Minerva ( *15 Oktober 1935 ) und María Teresa ( *12. März 1926 ) hatten an diesem Tag kurz nach acht Uhr morgens das Haus verlassen. Die drei Frauen wollten in Puerto Plata ihre seit zehn Monaten inhaftierten Ehemänner besuchen. Zusammen mit ihren Ehemännern unterstützten sie damals die Gruppe Agrupación política 14 de junio (Bewegung des 14. Juni), die den Sturz des Diktators Rafael Trujillo plante. Innerhalb der Gruppe waren die Schwestern als “ Las Mariposas “ (Die Schmetterlinge) bekannt und vor allem vom Diktator gefürchtet. Dieser hatte in den Jahren zuvor immer wieder einer Mirabal-Schwester Avancen gemacht.

Die aus einfachen Verhältnissen einer Kaufmannsfamilie stammende Frau jedoch war schon damals eine Besonderheit. Sie legte Wert auf Bildung, studierte Rechtswissenschaften und entgegen vieler anderer Frauen die sich dem Diktator hingaben (teils von den eigenen Vätern als “Gabe” dem Herrscher dargeboten), die Mirabal-Tochter hatte ihren Stolz und ließ den Diktator sogar einst bei einer seiner Partys auf der Tanzfläche stehen. Seither ahnte Trujillo die Gefahr die von diesen Schwestern ausging und hielt sie im Auge. Auch die Inhaftierung der Ehemänner brachte dem Diktator nicht die gewünschte Willigkeit und so wurde der Tod der “Hermanas Mirabal”, alias “Die Schmetterlinge”, beschlossen.

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Die Geschwister ließen sich vom Fahrer der Familie nach Puerto Plata bringen. Nach dem Besuch im Gefängnis trat man die Rückfahrt nach Salcedo an, dem Familiensitz der Mirablas. Den Landrover steuerte damals Rufino de la Cruz, auf dem Beifahrersitz saß Minerva, auf der Rückbank saßen María Teresa und Patria. Nur Bélgica Adela Mirabal ( * 29. Februar 1925 ) auch „ Dedé „ genannt, ist nicht mitgefahren, sie musste auf ihre und die Kindern ihrer Schwestern aufpassen. Damals ahnte niemand dass ihr der Dienst als Kindermädchen das Leben rettete.

Auf ihrer Heimfahrt vom Gefangenenbesuch über die bergige Landstraße (heute bekannt als Carretera Turistica) wurden die drei Schwestern und ihr Chauffeur zum letzten Mal lebend gesehen.

Das Dorf La Cumbre liegt auf einer Anhöhe 26 Kilometer südlich von Puerto Plata. Der Weg dorthin windet sich an riesigen rotblättrige Flamboyants, Flammenbäume, und Mangobäume vorbei. Rechts und links der wenig befahrenen Straße stehen bunt gestrichene Holzhäuser. Manchmal regnet es hier tagelang und die lehmige Fahrbahn hat sich mit Wasser vollgesogen, an manchen Stellen drehen die Reifen im Matsch durch.

An der Abzweigung Richtung Salcedo liegt heute wie damals eine Polizeistation. „Todo para la Patria“ steht dort in großen Lettern über dem Eingang. Niemand konnte diesen Kontrollposten unbemerkt passieren. Das riesige Anwesen gegenüber diente Trujillo als Refugium.

José Garcia Pérez, ein Lkw – Fahrer, musste in der hereinbrechenden Dunkelheit scharf bremsen. Auf der Straße versperrte ein quer gestelltes Fahrzeug einem Geländewagen den Weg. Eine junge Frau mit einem geflochtenen Pferdeschwanz lief auf seinen Lkw zu und schrie, bevor sie von einem Mann weggerissen wurde: “ Sagen Sie der Familie Mirabal, dass sie uns verschleppen. Sie wollen uns umbringen “, sagte der Lkw – Fahrer Jahre später aus. Es gibt auch Gerüchte, dass an diesem Abend Trujillo auch dort war, aber es gibt keine Beweise. Nahe des Ortes befindet sich heute das Denkmal der “Hermanas Mirabal”.

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„Todo perfecto“, meldete Ciriaco de la Rosa, der Chef des Kommandos, seinen Vorgesetzten vom Geheimdienst in der Provinzhauptstadt Santiago. „Sie sind geflogen wie Puppen“. Eine kleine Gedenktafel markiert die Stelle, an dem der Geländewagen mit den Leichen in den Abgrund gestürzt wurde.

Am Mittag des nächsten Tag brachten Militärangehörige und Polizisten dann die bereits eingesargten Leichen zur Schwester Dede! Um den Mord zu vertuschen, wurde ein Autounfall fingiert, jedoch konnte das Verbrechen aufgedeckt werden. Die Polizisten hatten bei der Übergabe der Särge darauf hingewiesen dass die Leichen keinen schönen Anblick boten und man die Särge verschlossen halten soll.

„Drei Mütter und ein Fahrer bei tragischem Autounfall ums Leben gekommen“, schrieb die Abendzeitung „La Nación“, das offizielle Sprachrohr des Diktators. In der dominikanischen Hauptstadt Santo Domingo, die damals noch “ Ciudad Trujillo “ hieß, nahm kaum jemand davon Notiz.

Trotz des Verbots öffneten die Familienangehörigen im Chaos der Beerdigungsvorbereitungen heimlich die Särge, man entdeckte, dass die Schädel eingeschlagen waren, an den Hälsen der Geschwister Mirabal sah man deutlich Würgespuren und Blutergüsse. Dede schnitt ihrer jüngsten Schwester Maria Teresa den Zopf ab, die langen Haare waren der ganze Stolz des jungen Mädchens gewesen und später wurde im Haus der Familie das Mirabal-Museum eingerichtet. Dede machte hier bis zu ihrem Tod im Jahre 2014 noch Führungen und zeigte unter anderem auch den Zopf.

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Mirabal-Museum, einstiges Familienanwesen

Als Minerva, María Teresa und Patria am 26. November 1960 auf dem kleinen Friedhof im Zentrum von Salcedo beigesetzt werden, hatte „el Jefe“ nur noch sechs Monate zu leben. Mit der Ermordung dieser Schwestern hat er seinen eigenen Untergang eingeläutet, er kam so blutig ums Leben wie er sein Land regiert hatte

In den Abendstunden des 30. Mai 1961 geriet Diktator Rafael Truijllo auf dem Heimweg nach San Cristobal in einen Hinterhalt und wurde von den Männern der Freiheitsbewegung erschossen. (Es gibt allerdings berechtigte Vermutungen, dass Trujillo den Anschlag überlebt hatte. Schon damals hilt sich der Diktator einen Doppelgänger und es gibt Vermutungen, dass Trujillo von den USA eine Warnung bekam. Es waren übrigens auch Waffen aus den Vereinigten Staaten die beim Anschlag benutzt wurden und kurz zuvor in die Dominikanische Republik geschmuggelt worden waren. Trujillo soll in der Nacht des Anschlags in die USA geflogen worden sein, habe dort mehrere Operationen (kosmetische Korrekturen) vornehmen lassen und sei dann nach Spanien gezogen. Anzumerken ist, dass Trujillo damals zu den 10 reichsten Männern der Welt gehörte. Nach Quellenangaben soll er im Alter von mehr als 90 Jahren in Spanien gestorben sein. Ob diese Geschichte stimmt kann sicher nur die Familie bestätigen.)

Die Mörder der drei Geschwister wurden erst nach Trujillos Tod zu 20 und 30 Jahren Haft verurteilt. Als US-Truppen 1965 erneut mit einer Invasion für politische Stabilität sorgten, verschwanden die Häftlinge. Einmal mehr haben sich die USA in die Geschichte anderer Länder eingemischt. Victor Alicinion Cruz Valerio, der Regionalchef des Militärischen Geheimdienstes und Leiter des Mordkomplotts, lebt heute in Florida und schreibt selbstgefällige Rechtfertigungen seiner Tat.

Die Provinz Salcedo wurde am 21. November 2007 durch Präsident Leonel Fernández offiziell in Hermanas Mirabal umbenannt. Das „Museo Hermanas Mirabal“ befindet sich im Geburtsort der Schwestern, in Salcedo und wurde von Dedé Mirabal geleitet der einzige überlebenden der vier Geschwister, die am 1. Februar 2014 im Alter von 88 Jahren verstarb, geleitet. Ihre Schwestern sind auf dem Friedhof „Ojo de Agua“ in Salcedo begraben.

Die drei Geschwister Patria, Minerva und María Teresa sind heute auf dem 200 Pesos Schein abgebildet.

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Leider werden heute noch in der Dominikanischen Republik jedes Jahr über 200 Frauen ermordet, durch häusliche Gewalt von ihren Ehemännern – oder Partnern. Herrschsüchtige Machos die ihre Frauen (und Töchter) als unterwürfige Wesen betrachten und halten. Jedes Jahr demonstrieren Frauengruppen in der Dominikanischen Republik, ganz in weiß gekleidet, gegen die ihnen zuteil werdende Gewalt.

Nachtrag zur Bewegung der Freiheitskämpfer:

Am 10. Januar 1960 trafen sich Männer aus der Mittelschicht, Arbeiter, Studenten, Facharbeiter und einfache Landbewohner auf der Finca von Charlie Bogaert in Mao. Inspiriert waren sie von den Freischärlern der Bewegung des 14. Juni, damals angeführt vom Rechtsanwalt Manuel Aurelio Tavarez Justo (Manolo), dem Ehemann von Minerva Mirabal. Hier wurde beschlossen, dass man der Gewaltherrschaft des Diktators nur entgegenwirken konnte indem man ihn ermordete. Trujillo bekam jedoch Meldungen und veranlasste die Verhaftung der Ehemänner der Mirabal-Töchter. Trujillo kam mit der Ermordung der Mirabal-Töchter zwar seiner eigenen zuvor, konnte diese aber nicht verhindern. Der Widerstand hatte gesiegt. Von der Gruppe überlebten jedoch nur 2 Attentäter, die restlichen Freiheitskämpfer wurden schnell ergriffen und ebenfalls ermordet.

Zu dieser Geschichte gibt es zahlreiche Verfilmungen!

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